AVIA: Hallo Gerd, was sagst Du zum Comeback von Severin?
Gerd Siegmund: Das ist für ihn eine tolle Geschichte, wenn man bedenkt, dass er zum Neujahrsspringen 2019 seinen letzten Weltcup und 20 Tage später beim COC in Sapporo seinen letzten Wettkampf bestritten hatte. Jeder kann nachfühlen, welche Emotionen da im Spiel sind. Inwiefern er wieder konkurrenzfähig ist, wird man sehen. Die Technik hat sich weiterentwickelt und auch Severin Freund ist mittlerweile 31 Jahre alt.
AVIA: Überrascht Sie, dass er ausgerechnet in Rasnov auf einer Normalschanze zurückkehrt?
Gerd Siegmund: Nicht unbedingt. Er hat in der Vergangenheit gezeigt, dass er ein guter Abspringer ist. Und einen schönen Telemark kann er auch setzen.
AVIA: Zurück zum Fliegen am Kulm: Piotr Zyla und Stefan Kraft hießen die Sieger. Karl Geiger büßte als Vierter und Sechster im Gesamtklassement etwas ein. Wie lautet Dein Fazit?
Gerd Siegmund: Es ist so gekommen, wie ich es vermutet hatte. Stefan Kraft hat seinen ersten Heimsieg gefeiert und gezeigt, dass er nicht zufällig Skiflug-Weltrekordler ist. Aber Karl Geiger ist für mich dennoch überragend geflogen. Das hatte ich so nicht auf dem Schirm, auch wenn ich es ihm natürlich gewünscht habe.
AVIA: Er hat sich am Ende über das Windchaos beschwert. Was sagst Du dazu?
Gerd Siegmund: Ich kann das nachvollziehen. Gerade beim Fliegen braucht man das Windglück noch mehr als auf einer Groß- oder Normalschanze. Und das war diesmal nicht auf seiner Seite.
AVIA: Ist Dir noch etwas aufgefallen, vielleicht auch mit Blick auf die Skiflug-WM Ende März in Planica?
Gerd Siegmund: Die Slowenen mit einem Timi Zajc haben gezeigt, dass sie bei der WM ein heißes Eisen im Feuer haben. Unabhängig von Planica hat man gesehen, dass einigen Athleten wie zum Beispiel Markus Eisenbichler das Training am Freitag gefehlt hat. Er hat ja dann, wie übrigens Stefan Kraft auch, vom Samstag zum Sonntag nochmal den Ski gewechselt. Mit Erfolg, wie zu sehen war.
AVIA: Ist aus dem Vierkampf um die Weltcupkugel ein Duell geworden?
Gerd Siegmund: Ja, das denke ich schon. Dawid Kubacki hat sich mit einem Null-Ergebnis rausgesprungen, wobei die Verhältnisse eine Rolle spielten, er aber auch nicht seinen besten Tag erwischte. Fast 300 Zähler Rückstand auf Kraft bei acht ausstehenden Einzelspringen mit dem Nachholer in Lahti sind schwer aufzuholen. Und auch für Ryoyu Kobayashi wird es schwierig, zumal es jetzt auf die Normalschanze nach Rasnov geht.
AVIA: Worin besteht in den Karpaten die besondere Herausforderung?
Gerd Siegmund: Sich von der Flugschanze auf die kleine Anlage umzustellen, ist viel schwieriger, als von einer kleinen auf die große Schanze zu wechseln. Das wird also das pure Kontrastprogramm. Die Jungs werden Rasnov wie eine Mickey-Mouse-Schanze empfinden. Aber das müssen ja alle meistern.
AVIA: Kannst Du den deutschen Fans etwas Hoffnung machen, dass Karl Geiger dem Österreicher nochmal auf die Pelle rückt?
Gerd Siegmund: Warum soll das nicht gelingen? Karl hat zuletzt auf einer Normalschanze, nämlich in Predazzo, zwei Siege gefeiert. Und den Sommer-Grand-Prix konnte er in Rasnov gewinnen. Die Schanze liegt ihm also.
AVIA: Was hältst Du überhaupt davon, in Rumänien einen Herrenweltcup auszutragen?
Gerd Siegmund: Ich finde es eine gute Sache. Wir sprechen ja viel über Vielfalt, da sollte man kleine Nationen, wenn es denn irgendwie machbar ist, auch in der Entwicklung unterstützen. Klar wird vielleicht nicht alles so top sein wie man es in Skisportnationen gewohnt ist. Aber das ist auch nicht das Entscheidende.
AVIA: Vielen Dank fürs Gespräch.
Zeitplan:
Donnerstag, 12.00 Uhr: Qualifikation
Freitag, 14 Uhr: 1. Einzel
Samstag, 12.45 Uhr: 2. Einzel.