Österreicher spitze in der Breite und Pius Paschke der deutsche Primus

Pius Paschke und Jan Hörl sowie Nika Prevc und Katharina Althaus hießen die Sieger am ersten Weltcupwochenende in Lillehammer. AVIA-Skisprungexperte Gerd Siegmund beleuchtet den aus deutscher Sicht überaus erfolgreichen Auftakt.


AVIA: Hallo Gerd, besser kann man fast nicht in einen Winter starten. Und ein Spätzünder glänzt mit Frühform…

Gerd Siegmund: Ja, Pius Paschke musste man zwar auf der Rechnung haben nach dem Sommer-Grand-Prix-Finale in Klingenthal. Und schon in der Vorsaison hat er ja seinen ersten Weltcupsieg in Engelberg geholt – mit 33 damals. Aber dass er erneut so einschlägt und jetzt mit Platz eins und zwei im Gelben Trikot nach Ruka reist, davon war wirklich nicht auszugehen.

AVIA: Was kann so ein toller Start bewirken?

Gerd Siegmund: Ich sehe Parallelen zur ersten Saisonphase des letzten Winters. Da haben auch die Österreicher und Deutschen ziemlich dominiert. Für das DSV-Team kann es nur gut sein, wenn einer vorn dabei ist. Trainer Reinhard Heß nannte es früher „Schutzschild“ für die Mannschaft. Hinter einem Jens Weißflog oder Martin Schmitt zum Beispiel konnten die Teamgefährten in Ruhe arbeiten, sie standen nicht so im Fokus.

AVIA: Sollte Pius Paschke noch ein-, zweimal aufs Podest fliegen, könnte er dann in der gleichen Mitfavoritenrolle wie Andreas Wellinger vor einem Jahr zur Vierschanzentournee reisen?

Gerd Siegmund: Da bin ich im Moment noch sehr vorsichtig. Für mich sind die Österreicher das Maß der Dinge. Unglaublich, welche Breite sie in der Spitze haben. Da muss Daniel Huber, wohlgemerkt der beste Skiflieger der Vorsaison, mit einem verletzten Knie passen. Und der Ersatzmann Maximilian Ortner wird Dritter und Achter. Und neben Stefan Kraft und Co. wird auch Ryoyu Kobayashi, der in Lillehammer gesundheitlich angeschlagen war, sicher noch besser werden.

AVIA: Du hattest vor allem auch die Norweger auf der Rechnung. Wie bewertest Du deren Auftakt beim Heimspiel?

Gerd Siegmund: Das war alles im Rahmen. Sie sind besser geworden, wollten es nach meinem Gefühl aber gleich mit Gewalt aufs Podest schaffen. Und mit der Brechstange geht bekanntlich im Skispringen nichts. Da fehlte ein bisschen die Lockerheit.

AVIA: Apropos. Hast Du schon einmal deutsche Skispringerinnen so locker flockig in eine Wintersaison starten sehen?

Gerd Siegmund: Nein, allergrößter Respekt. Katharina Schmid und Selina Freitag haben ja im Herbst schon gezeigt, dass sie gut drauf sind. Aber das war dann nochmal ein Schritt nach vorn und beeindruckend. Ich denke, Heinz Kuttin leistet tolle Arbeit. Und wenn ich nicht nur durch die deutsche Brille schaue, dann hat auch Nika Prevc in Einzelsprüngen gezeigt, dass sie vornweg fliegen kann.

AVIA: Ist Dir noch etwas aufgefallen?

Gerd Siegmund: Ja, nochmal zurück zu den deutschen Frauen. Es ist ja nicht nur die Leistung der besten zwei, die vorangehen. Wenn man bedenkt, dass Alvine Holz erst sechs Jahre Skispringerin ist und im Flachland von Bad Freienwalde erstmals auf eine Schanze geklettert ist, dann kann man nur den Hut ziehen. Solche Geschichten bereichern unseren Sport.

AVIA: In Ruka geht es zunächst mal ohne die Damen weiter. Ein kurzer Vorausblick?

Gerd Siegmund: Auf dieser Riesenanlage ist es immer von Vorteil, schon ganz gut in Form zu sein. Das geht schon in Richtung Skifliegen. Und Wind hat es auch oft dort, wenngleich die Schanze mittlerweile auch recht gut mit Windnetzen geschützt ist. Für Samstag und Sonntag sind die Wetterprognosen auch gut. Ich bin gespannt, ob Pius Paschke das gelbe Trikot verteidigen kann.

AVIA: Danke fürs Gespräch.

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