Lichtblicke am deutschen Springerhorizont

Tourneekönig Halvor Egner Granerud hatte auch gut eine Woche später in Zakopane die Nase vorn. Der Norweger verwies Lokalheld Dawid Kubacki vor einem fantastischen Publikum auf Platz zwei. Im Teamwettbewerb triumphierte Österreich. AVIA hat vor dem Weltcup am Wochenende in Sapporo mit Skisprungexperte Gerd Siegmund gesprochen. Waren Rang drei im Team und Platz sechs von Markus Eisenbichler im Einzel tatsächlich schon der große Flügelschlag im deutschen Adlerhorst?


AVIA: Hallo Gerd, wie betrachtest Du das Abschneiden der Deutschen in Zakopane, auch so euphorisch, wie es in manchen Medien zu lesen oder zu hören war?

Gerd Siegmund: Zumindest waren aus deutscher Sicht Lichtblicke zu erkennen. Man kann nach ein, zwei Trainingseinheiten auch nicht erwarten, dass das Unterste zum Obersten gekehrt wird. Der dritte Platz im Team mit nicht mal viel Abstand auf Sieger Österreich lässt aber hoffen. Im Einzel waren die Windbedingungen schwierig, Bewertungen sind daher nicht ganz einfach.

AVIA: Dass sich Markus Eisenbichler zumindest im Aufwind befindet, hast Du auch so gesehen?

Gerd Siegmund: Sein sechster Platz hat gezeigt, dass er wieder in Schlagdistanz kommt. Das trifft auch auf Andreas Wellinger, der einen Probedurchgang gewonnen hat, zu. Er braucht mal zwei statt nur einen sehr guten Sprung im Wettkampf, um auf dem Podest zu landen. Mein Stimmungsbild ist jetzt sicher nicht mehr so getrübt wie kurz nach der Tournee. Dennoch, gerade im Wettkampf fehlt schon noch ein Stück nach ganz vorn.

AVIA: Könnte das am Wochenende in Sapporo schon anders sein?

Gerd Siegmund: Von Stabilität kann man nach einem Weltcup und dem sechsten Rang von Markus Eisenbichler natürlich nicht sprechen. Es ist schon noch ein harter Prozess, erst mal aufzuholen und dann vielleicht selbst Akzente zu setzen. Ein Karl Geiger hat in Ansätzen wieder gute Einzelsprünge gezeigt. Er muss das jetzt fortsetzen. Er ist noch nicht wieder in dem Selbstverständnis, wie er es bis zu Olympia in Peking im Vorwinter hatte.

AVIA: Glaubst Du, dass in der deutschen Mannschaft auch im Materialbereich etwas verändert wurde?

Gerd Siegmund: Ich denke schon, dass – sicher individuell – ein paar Stellschrauben gefunden wurden, auch im Material. Aber das ist schwierig zu beurteilen, weil sich da niemand in die Karten schauen lässt. Deshalb bleibt es Spekulation, ob Karl Geiger zum Beispiel in Zakopane einen etwas kürzeren Ski verwendet hat oder nicht. Markus Eisenbichler hat allerdings selbst erklärt, dass er seine Armhaltung in der Anfahrt veränderte und deshalb im ersten Flugdrittel nicht mehr so die Schulter verdreht, was sich letztlich positiv bemerkbar macht.

AVIA: Halvor Egner Granerud kommt mit kleinen Fehlern immer noch so weit, dass er letztlich gewinnt. Wie ist das zu erklären?

Gerd Siegmund: Eigentlich gar nicht. Zu deutschen Erfolgszeiten hat man dieses Phänomen auch schon bei Karl Geiger gesehen. Also ich würde das mal als die Magie des Skispringens bezeichnen.

AVIA: Danke fürs Gespräch. 

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