Wenn „Peter der Große“ Abschied feiert

Peter Pevc geht in Springerrente, die kleine Skiflugkugel in letzter Sekunde an Daniel Huber und die skisprungverrückten Slowenen feiern eine Riesenparty: So lassen sich die Emotionen des finalen Wochenendes im Weltcupwinter 2023/24 zusammenfassen. Unser Experte Gerd Siegmund hat die Gänsehautatmosphäre in Planica miterlebt. Und selbstverständlich haben wir bei ihm nachgefragt.


AVIA: Hallo Gerd, bist Du nach diesem für die Fans so emotionalen Flug-Wochenende schon wieder auf dem Boden der Tatsachen gelandet? Es war großes Spektakel dabei.
Gerd Siegmund: Ja, das war wirklich ein fantastischer Abschluss. Daniel Huber holt neben der „Planica-7-Wertung“ noch den Disziplinweltcup als bester Saisonskiflieger, damit Stefan Kraft nicht alles abräumt in der Saison. Und dann hätte man das Drehbuch nicht besser schreiben können, dass Peter Prevc an seinem Abschiedswochenende nochmal einen Weltcup gewinnt, seinen 24. Im Einzel insgesamt - und das nach vier zweiten Plätzen zuvor. Ich hoffe, der Jubel der Fanmassen kam gut rüber im Fernsehen. Ich hatte Gänsehaut.

AVIA: Du hast Dich mit „Peter dem Großen“ kurz getroffen. War ihm der Trubel um seine Person fast schon zu groß?
Gerd Siegmund: Den Eindruck hatte ich nicht. Ich denke, dass er auch froh war, dass der slowenische Verband alles so gut organisiert hat. Auch der Weltverband hat mit der kurzen Pause nach seinem letzten Flug sehr gut mitgemacht, um diese Emotionen entsprechend gut zu transportieren. Am Sonntagnachmittag gab es noch eine große Gala mit einer 20-minütigen Choreografie über Peter Prevc mit dem Song „Time to say good bye“ zum Schluss. Also es war richtig zu spüren, welch‘ hohen Stellenwert er in seinem Heimatland genießt.

AVIA: Und wenn Peter Prevc bei der Heim-WM im Vorjahr nicht gestürzt wäre, hätten wir das vermutlich alles gar nicht erlebt, oder?
Gerd Siegmund: Ja, und einen schöneren Abschied kann es ja gar nicht geben. Dass das Finale immer in Planica stattfindet, ist natürlich ein Glücksumstand für ihn. Es haben auch alle Zuschauer gewartet nach dem Springen, bis die Gala vorbei war. Also großes Kino für einen ganz Großen im Skisprungzirkus.

AVIA: Zurück zum Wettkampf. Hast Du bei Daniel Huber etwas Spezielles gesehen, was er besser konnte als der Rest des Feldes?
Gerd Siegmund: Nein, er ist eben ein gnadenloser Flieger, noch dazu in bestechender Form. Er selbst hat geäußert, dass ihm am Saisonende womöglich zugutekam, dass er erst im Verlauf des Winters, nachdem er sich einen Quotenplatz im COC geholt hat, in den Weltcup eingestiegen ist. Vielleicht war das der Tick, den er Stefan Kraft diesmal voraus war.

AVIA: Was sagst Du zum Umbau der Anlage in den Julischen Alpen?
Gerd Siegmund: Ehrlich gesagt, gefällt mir die Flugkurve nicht so gut. Der Schanzentisch ist um 0,3 Grad flacher geworden, deshalb ist die Flugkurve insgesamt flacher, zumindest oben. Unten steigen sie Springer zum Teil aber wieder weg. Auch soll die neue Spur ein bisschen gerattert haben und der Abstand zwischen den zwei Spuren etwas zu schmal gewesen sein. Ich denke, da ist das letzte Wort noch nicht gesprochen. Die Spur wird bis nächstes Jahr bestimmt überarbeitet werden.

AVIA: Ein Wermutstropfen waren die Stürze. Welche Gründe siehst Du?
Gerd Siegmund: Das ist vermutlich ein Mix aus einigem, was da zusammenkommt. Sicher ist die Anlage bei diesen warmen Temperaturen, wenn schweres Gerät nicht mehr in den Hang fahren kann, auch schwieriger zu präparieren. Das bekommt man mit Ski nicht so gut hin. Das Tretkommando hat alles getan, was geht. Da waren genug Leute im Einsatz. Dem OK ist kein Vorwurf zu machen. Im Gegenteil, die neue Aufteilung mit dem verlegten Ausgang für die Athleten im Schanzenauslauf, die Gestaltung der Zuschauer- und Medienbereiche, das ganze Drumherum war top.

AVIA: Was spielte noch eine Rolle bei den Stürzen?
Gerd Siegmund: Es ist normal, dass am Saisonende die körperliche Spannung, die geistige Frische nachlässt. Individuelle Fehler beim Landeanflug können immer passieren, erst recht, wenn der Athlet müde ist. Insgesamt ist es natürlich schade, dass man so gut durch die Saison gekommen ist und dann mit Bresadola und Nousiainen zwei Athleten jeweils mit Kreuzbandriss abreisen. Lanisek und Zajc sind zum Glück ohne große Verletzungen davongekommen.

AVIA: Du hast in Planica mit Alex Stöckl, dem Nationaltrainer der Norweger, gesprochen. Wie schätzt Du die Lage ein? Wird sich das Trainerkarussell kräftig drehen?
Gerd Siegmund: Danach sieht es nicht aus. Auch Bundestrainer Stefan Horngacher hat angedeutet, dass er gute Gespräche hatte und es in dieser Besetzung im Trainerstab weitergehen wird. Die Personalie in Norwegen ist mit Blick auf die WM in Trondheim natürlich besonders wichtig. Alex Stöckl hat sich während des Springerfestes am Samstagnachmittag lange mit Johann André-Forfang ausgesprochen. Alex hätte sich dieses Gespräch schon früher gewünscht, dann hätte man seiner Aussage zufolge vielleicht die Situation noch kitten können. Aber nun ist es, wie es ist.

AVIA: Danke für das Gespräch.

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